Die Naturillustration dient nicht allein der Wissenschaft. Autoren und Verleger sind durchaus auch an einem Erfolg ihrer Werke interessiert. So wird auch Gefälliges präsentiert - ohne dabei einen besonderen wissenschaftlichen Inhalt zu verfolgen. Mit dem Buchdruck und den neuen Farbdrucktechniken vervielfältigt sich im 19. Jahrhundert dieser Wunsch und naturwissenschaftliches Allgemeinwissen steht einem breiteren Publikum zur Verfügfung.
In seiner Monographie der Papageien zeigt Christian Ludwig Brehm dem Leser die Schönheit exotischer Vögel. Sie sind Kinder einer fernen Welt und sollen zum Träumen anregen. Natürlich wird nebenbei auch von der Vielfalt berichtet.
August Johann Rösel von Rosenhof berichtet mit seinen Insekten-Belustigungen Wissen aus dem Reich der Insekten. Da wird die Welt des Mirokosmos mit der Lupe beobachtet und in prachtvoller Illustration dargestellt.
In beiden Werken steht nicht die wissenschaftliche Vollständigkeit im Zentrum der Betrachtung, sondern der Wunsch biologisches Wissen zu popularisieren. Zunehmend kann jeder Interessierte zu erschwinglichen Preisen Wissen erwerben.
HARTMANN SCHEDEL: Liber Chronicarum. - Nürnberg 1493. Hessische Landesbibliothek Wiesbaden Inc 1
Welt mit Sphären
Das europäische Mittelalter überdauerte ein vereinfachtes Weltmodell der Antike, das in dieser Weltchronik als Ergebnis des siebten Schöpfungstages präsentiert wird. In dieser schon aus der Spätantike stammenden christlichen Variante bekam die Welt eine klare Hierarchie mit Gott auf dem Thron im zehnten Himmel an der Spitze.
Danach folgten die neun Himmelssphären mit Sternen, dem Tierkreis und den Planeten und dem Mond, denen die Engel in neun Hierarchiestufen zugeordnet waren. Die Engel waren für alle Bewegungen - insbesondere die komplizierten Planetenbewegungen - verantwortlich, so dass die Überlegungen und Berechnungen nach Ptolemäus überflüssig wurden und in der christlichen Welt in Vergessenheit gerieten.
Innen sind die irdischen Sphären dargestellt, die von den vier Elementen nach Aristoteles gebildet wurden: Feuer, Luft, Wasser und ganz innen die Erde im Zentrum.
JOHN JOHNSTON: Historia naturalis animalium. Mammalium et Avium. - Frankfurt am Main 1650. Museum Wiesbaden - Naturwissenschaftliche Bibliothek & Hessische Landesbibliothek Wiesbaden
Der Universalkosmos
John Johnston (1603-1675) beherrschte zwölf Sprachen und war Universalgelehrter. Zahlreiche Werke unterschiedlichster Themen gehen auf ihn zurück, darunter solche zur Pädagogik, Naturkunde, Medizin, Philosophie, Theologie und Geschichte. Sein Hauptinteresse war allerdings nicht unbedingt die eigene Forschung, sondern die Weitergabe und Zusammenfassung bekannten Wissens. Sein besonderer Wunsch war die umfassendste Darstellung der Fauna und Flora zu präsentieren. Es war ihm allerdings nicht vergönnt diese Historia naturalis abzuschließen.
Gedruckt und verlegt wurde das fünfbändige Werk bei Matthäus Merian dem Älteren in Frankfurt am Main, dem Vater von Maria Sibylla Merian. Es enthält auf 1.025 Seiten 248 Tafeln mit 2.859 Abbildungen. Mitunter sind diese allerdings sehr unkritisch von ihm zusammengetragen worden, finden sich doch neben qualitativ hochwertigen Bildern auch zahlreiche Fabelwesen. Ihm war laut eigener Aussage eine allumfassende Darstellung wichtiger als die Korrektheit. Viele Vorlagen stammten auch aus der Historiae animalium von Conrad Gesner. Bis 1769 entstanden zahlreiche Neuauflagen dieses Werkes, das alle anderen Darstellungen in seiner Bekanntheit in den Schatten stellte. Das geöffnete Buch zeigt das berühmte Nashorn von Albrecht Dürer.
Spitzmaulnashorn (Diceros bicornis). Museum Wiesbaden
CONRAD GESNER: Allgemeines Thier-Buch. - Frankfurt am Main 1669. Hessische Landesbibliothek Wiesbaden Rara 04 C 366 (1-3)
Der Gründer der Zoologie
Conrad Gesner (1516-1565) war ein Schweizer Arzt, Naturforscher und Altphilologe. Er gilt neben Ulisse Aldrovandi als einer der Begründer der modernen Zoologie. Sein umfangreichstes Werk ist seine vierbändige Historia animalium, das nach seinem Tod um einen fünften Band ergänzt wurde. Das Werk erschien zwischen 1551 und 1558. 1669 bis 1670 wurde es übersetzt und als Allgemeines Thier-Buch herausgebracht.
Seitdem gibt es zahlreiche Nachdrucke bis in unsere Zeit. Bei der Gliederung orientierte sich Gesner an den Vorgaben des Aristoteles (Historia animalium) und Albertus Magnus (De animalibus). In dem Buch sind eine Reihe von Fabeltieren aufgeführt, etwa das Einhorn, wobei die Existenz jedoch kritisch betrachtet wird.
Stoßzahn des Narwals (Monodon monoceros). Museum Wiesbaden
AUGUST JOHANN RÖSEL VON ROSENHOF: Insecten-Belustigung. - Nürnberg 1746. Hessische Landesbibliothek Wiesbaden Rara 5º Sc 6932 (2) und Rara 5º Sc 6932 (3)
Krabbelnde Belustigungen
August Johann Rösel von Rosenhof (1705-1759) wurde von Maria Sibylla Merian soweit beeinflußt, dass er sich überwiegend mit der einheimischen Insektenfauna beschäftigte. Auch ihm war das Kupferstechen schon durch den Vater in die Wiege gelegt. Ab 1740 erschien die Insecten-Belustigung, ein Vorläufer heutiger Fachzeitschriften. Mit diesem Werk erlangte er Bekanntheit bis heute.
In den Jahren 1746, 1749 und 1755 brachte er die bisher erschienenen Arbeiten dann in Sammelbänden heraus, wovon hier der erste zu sehen ist. Besonders wichtig waren ihm eine exakte Darstellung und die Schilderung der Lebensweise seiner Untersuchungsobjekte. Er beobachtete dabei nicht nur die Natur, sondern dachte sich auch wissenschaftliche Versuche zur Klärung etlicher Fragen aus. So konnte er beweisen, dass sich in Fleischstücken nur dann Larven der Schmeißfliegen entwickeln können, wenn zuvor die erwachsenen Tiere darauf Eier haben ablegen können.
Skorpion und Maulwurfsgrille (Gryllotalpa gryllotalpa). Museum Wiesbaden
CHRISTIAN LUDWIG BREHM: Monographie der Papageien oder vollständige Naturgeschichte aller bis jetzt bekannten Papageien mit getreuen und ausgemalten Abbildungen. - Jena & Paris 1842-1855. Hessische Landesbibliothek Wiesbaden Rara 2º Sf 7216
Exoten am Himmel
Die zoologischen Schriften aus der Familie BREHM haben bis heute nur wenig an Bekanntheit verloren. Dies liegt nicht nur an den ansprechenden Texten. Die Illustration war CHRISTIAN LUDWIG BREHM (1787-1864) und seinem Sohn ALFRED BREHM (1829-1884) sehr wichtig. Der Erfolg der beiden Zoologen beruhte zu einem nicht unwesentlichen Teil auf diesen Darstellungen.
Der Vater war Pfarrer und beschäftigte sich intensiv mit der Vogelkunde. Er besaß mit 15.000 Präparaten auch eine der größten Sammlungen seiner Zeit, die ihm und seinem Sohn eine wissenschaftliche Bearbeitung der Vögel ermöglichte. 1853 veröffentlichte er die Monographie der Papageien, die den damaligen Wissenstand über diese Ordnung zusammenfasste. Heute unterscheiden wir 350 Arten und rund 850 Unterarten. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in den Tropen und Subtropen.
Hellroter Ara (Ara macao), 200jähriges Altpräparat, Museum Wiesbaden
BERNARD DURIN: Käfer und andere Kerbtiere. - München 1986
Museum Wiesbaden - Naturwissenschaftliche Bibliothek
Ein Meisterwerk der wissenschaftlichen Illustration
Der französische Illustrateur Bernard Durin (1940-1988) arbeitete überwiegend für Verlage, Zeitschriften und Museen, so auch für das Muséum d'Histoire Naturelle in Paris. An dem Werk Käfer und andere Kerbtiere arbeitete er über zehn Jahre. Dabei entstanden 32 Illustrationen epochaler Qualität.
Hier seien die Worte eines Begeisterten aus dem Internet wiederholt: "Der Inhalt dieses Buches ist das Werk eines Menschen, der nicht nur eine unvorstellbare Beobachtungsgabe besaß, sondern auch das Vermögen, seine Beobachtungen bildlich darzustellen. Die Werke Durins üben auf jeden Biologen und naturbegeisterten Nichtbiologen, auf Jung und Alt, eine unglaubliche Faszination aus. Ich glaube kaum, daß irgend jemand sich die Bilder ansehen kann, ohne sich einen besinnlichen Moment Zeit zu nehmen, die wundervollen Einblicke in diese ferne und immer noch so unbekannte und faszinierende Welt der Insekten näher zu betrachten und sie zu genießen." [Zitat aus Amazon].
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